Zuwanderung ist doch bis heute nie bedarfsgerecht gelungen und wird auch in Zukunft nicht gelingen, weil sie von zu vielen unwägbaren Fakten und Bedingungen abhängt. Mit Zuwanderungspolitik den Mangel an Fachkräften beheben zu wollen ist eine Illusion.
Ohne Zweifel gibt es in der Industrie und auch im Handwerk und im kleinstädtischen Gewerbe Fachkräftemangel. Die Frage ist doch aber, was für Fachkräfte mit welcher Qualifikation werden gebraucht? Benötigt man Ingenieure, Programmierer, Ärzte, Lockführer, Verkäuferinnen oder hauptsächlich Reinigungskräfte und Pflegepersonal? Ich selbst kenne einen guten Arzt in Leipzig der vom Ursprung her Syrer ist. Er lebt schon 10 Jahre in Deutschland und ist bestens integriert. Aber er ist eine Ausnahme, ein positives Einzelbeispiel. Über zwei Drittel der Syrer dagegen (fast nur junge Männer), die als Flüchtlinge 2015 zu uns kamen, arbeitet nach sechs Jahren immer noch nicht und lebt von Hartz IV.1

Gegen den Mangel an Fachkräften in allen Bereichen anzukämpfen, hilft dagegen viel besser, die Potenzen im eigenen Land zu verwenden. Diese sind ausreichend vorhanden und müssen nur besser genutzt werden. Solcherart Reserven aus der deutschen Bevölkerung einzusetzen, ist außerdem viel effektiver und vor allem auch um ein Vielfaches kostensparender als mit Zuwanderern. Dr. Martin Böhringer von der Firma Staffbase (Standorte in Chemnitz und Dresden) sagt: „Beide Standorte provitieren von Leuten, die schon da sind oder zurückwollen, weil sie von hier stammen. Aber es ist schwer Fachkräfte von außerhalb zu gewinnen.
Deshalb engagieren wir uns lokal und haben kürzlich eine Partnerschaft mit dem Basketball-Verein geschlossen. Auch mit den Unis in Dresden und Chemnitz gibt es eine gute
Zusammenarbeit.“2 Auch bei der Suche nach Fachkräften z.B. für das Pflegepersonal kann die Strategie nicht anders sein. „Der Arbeiter-Samariter-Bund in Neustadt/Sa. begrüßte acht neue junge Pflegekräfte in seinem Team. Sie haben sich nach ihrer Ausbildung dazu entschieden in Neustadt zu bleiben. Sie betonen besonders, dass der Pflegeberuf für sie nicht nur Job ist, sondern eine Berufung aus ethischer Sicht.“3 Unter den Eingestellten war kein „Flüchtling“, denn wie soll man auch einem Flüchtling aus islamischen Ländern unsere ethischen Normen begreiflich machen? Dies zeigt doch, dass es Fachleute an der Basis gibt, die begriffen haben, wohin der effiziente Weg des Fachkräfte-Einsatzes gehen muss. Die richtige Erkenntnis vor Ort steht aber leider im krassen Gegensatz zu der unkompetenten bei den Großkopfeten auf Bundesebene.4 Eine Ausnahme scheint Friedrich Merz zu sein: Er sagte bei seiner Rede in Görlitz, „Deutschland hat zu viele Geflüchtete ins Land gelassen und dass mit ihnen Facharbeiter kommen, ist Unfug gewesen. Die meisten von ihnen beziehen heute Hartz IV.“


1 Vgl. dpa: Meldung vom August 2021.
2 Vgl. MIETHKE, Nora: „Lust auf Achterbahn“, Interview mit Dr. Martin Böhringer, SZ 21. Sept. 2021, S. 19.
3 Vgl. SZ/web: Für sie ist Pflege Berufung, SZ Beilage „Sächsische Schweiz“, 22. Sept. 2021, S.13.
4 Vgl. KLENZ, Franziska: Protest und Jubel für Merz in Görlitz, SZ 23. Sept. 2021, S. 6.

Diese Einsicht kam aber zwei Tage vor der Wahl 2021 für die CDU leider zu spät. Wenn es Staat und Wirtschaft wirklich ernsthaft darum geht, den Fachkräftemangel zielstrebig zu mildern und zu beseitigen, dann sollten sie gemeinsam die notwendigen Weichen stellen und mit konkreten Maßnahmen die Initiativen an der Basis unterstützen.
Welche Möglichkeiten gibt es?

1. Die erste Möglichkeit, um Mangel an Fachkräften zu beseitigen, ist Arbeitsgänge zu automatisieren, mit Robotern zu koppeln oder Roboter autonom einzusetzen. Automatisierung und Robotik ist der erste Weg. Roboter können ohne Fachkräfte arbeiten, auch nachts. D.h. es können Arbeitskräfte eingespart werden. Andererseits werden natürlich zunehmend auch hochqualifizierte Programmierer, Software-Entwickler, Einrichter, Customer Succes Manager u. ä. Berufe benötigt.
Dazu müssen Regierung sowie die Industrie und die anderen Teile der Wirtschaft (vielleicht auch das Handwerk) durch entsprechende Förderprogramme einen starken Impuls auslösen. Dieser Impuls muss die Ziele propagieren und jungen Menschen eine sichere und lohnenswerte Perspektive eröffnen. Man wird sicher sagen, das gibt es schon alles. Aber ich sehe diesen starken Impuls noch nicht und es mangelt in großen Teilen an einer Abgestimmtheit zwischen Regierung und Wirtschaft. Es gibt immer noch viele Betriebe in Industrie, Handwerk und anderen Teilen der Wirtschaft, wo zahlreiche Arbeitsgänge mit einfachen mechanischen Geräten und Maschinen bearbeitet werden, wo körperliche Arbeit vorherrscht und wo es sich lohnt über Automatisierung und Robotik nachzudenken.

Das im September 2021 von Dresdner Robotik-Enthusiasten wie Thomas Schulz und anderen sowie der Sächsischen Wirtschaftsförderung und der Sächsischen Handwerkskammer organisierte Robotikfestival mit Workshop in Dresden war ein guter Anfang und schon ein Impuls, der bemerkenswert ist. Vorausgegangen war die Gründung eines Netzwerkes „Robot Valey Saxony“.5 Aber jetzt müssen weitere konkrete Schritte, abgestimmt mit Politikern und den Ministerien folgen. Letzteres zeigt doch aber, dass Besinnen auf die eigenen Kräfte, auf die eigenen Fähigkeiten im Lande lohnt sich und ist besser als ständig nach undurchschaubaren Arbeitskräften aus dem Ausland zu rufen.

2. Ein zweiter wichtiger Schritt in diese Richtung wäre, Arbeitsplätze und Berufe attraktiver zu machen. Dafür können Politik und Medien noch sehr viel mehr tun. Attraktivität zielt dabei auf zwei Richtungen. Einmal auf höhere Lohn- und Gehaltszahlungen. Zum anderen auf eine höhere Wertschätzung. Die Berufe eines Pflegers oder etwa einer Verkäuferin in einer Kauf-halle werden für viele junge Menschen, auch für Arbeitslose6 und Hartz IV- Empfänger7 erst vorteilhaft und attraktiv, wenn die Löhne in diesen Berufen mindestens dreimal so hoch sind wie die Einkommen von Menschen, die nicht arbeiten und von Sozialhilfe leben. Das Berufs-ziel z.B. Lehrer zu werden, wird anziehender, wenn der Lehrerberuf mehr Wertschätzung gewinnt als er heute hat und nicht mehr ständig von politischen Launen und den Erfahrungen der Pädagogik widersprechenden politischen Kurswechseln gegängelt wird.
Seit jeher entscheiden sich die Menschen nach Vorteil. Wenn kein sichtbarer Vorteil vorhanden ist, wird sich nichts ändern.

Zwar käme es hier zu einer gewissen Aufhebung von sozialer Gleichheit im Lande. Aber arbeitende, wertschaffende Menschen müssen gegenüber von Sozialempfängern ungleich sein. Freiheit und freie Entscheidungen, entsprechend den unterschiedlichen Kenntnissen und Fertigkeiten, vertragen sich nicht mit Gleichheit. Die vorgeschlagenen Verbesserungen führen zum höheren Lebensstandart und zu größerer sozialer Sicherheit. Damit entstehen mehr Zufriedenheit und mehr Ruhe in der Gesellschaft, mehr Leistungsbereitschaft und weniger Proteste.


3. Ein dritter Vorteil letztlich kommt dem Staat zu gute. Höhere Löhne und größere Wirtschaftsleistung bedeuten mehr Steuereinnahmen. Der Staat hat mit solcher Art Förderung den größten Gewinn und kann die Mehreinnahmen für andere Zwecke einsetzten. 8

Mangel kann somit auch zu positiven Arbeits- Sozial- und Kulturleistungen führen. Man muss es nur wollen!

Dr. Bernd Müller-Kaller (Oktober 2021)

Internet:
http://www.dr-mueller-kaller.de
http://www.bmkaller.de
http://www.wein-philosophie.de





5 Vgl. WECKBROD, Heiko: Sachsen arbeitet an Kollege Roboter, SZ 20. September 2021,
6 Vgl. Bundesstatistik, September 2021: 2,58 Millionen Arbeitslose.
7 Vgl. Ein Hartz IV- Empfänger hat zusammen mit Bargeld und Sachleistungen ein monatl. Einkommen von ca. 1000 €.
8 Vgl. auch FRATZSCHER, Marcel: Wieso Fachkräftemangel auch gut für Deutschland sein kann, 17.09. 2021, Zeit online.

 

 

 

 

 

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