Es ist unbestritten, dass Traditionen ein bewahrenswertes Gut sind. Das Überlieferte, das von Generationen überkommene Wissen, traditionelle Werte und Bräuche oder Arbeitsmethoden sind Kulturgüter, die Landschaft und Orte zum Aufblühen gebracht haben. In alten Lexika werden diese Überlieferungen auch als "geheiligte Grundsätze" bezeichnet. Und warum sollten uns Grundsätze nicht heilig sein, wenn sie uns nützlich, richtig, gerecht, oder gut sind?

Viele junge Menschen sind stolz auf ihren Großvater oder ihre Großmutter, die es mit Fleiß und Können nach alten Überlieferungen zu etwas gebracht haben. Auch ich denke gern an meinen Großvater zurück, der in seiner Dorfschlosserei durch sein Können im Presswerkzeugbau so berühmt geworden war, dass ihn die Firma Siemens nach 1945 unbedingt als Leiter des betriebseigenen Werkzeugbaues einsetzen wollte.

Es ist aber auch klar, dass Tradition dort, wo sie zu starr verstanden wird und den Handlungsspielraum einengt, in Konflikt mit dem Neuen, mit neuen Ideen gerät. andererseits führt aber der radikale Bruch mit Traditionen, mit dem Überlieferten, welches sich oft über Jahrhunderte lang bewährt hat, nicht zum Erfolg. Immer haben sich in den zurückliegenden Generationen Erfahrungen angesammelt, die für das Heute unverzichtbares Wissen sind.

Was heißt das nun alles für Stolpen? Was kann es z.B. für die heutigen Handel- und Gewerbetreibenden in Stolpen für "geheiligte Grundsätze" aus alter Zeit geben?  Für die Handeltreibenden wäre da der Grundsatz des "redlichen Kaufmanns" zu nennen. Für den Handwerker ist es die "Handwerkskunst", die alte deutsche Qualitätsarbeit, die durch Schönheit an Kunst erinnert und zugleich haltbar und gut ist. Für die Gastwirtschaften ist es die "Gastlichkeit" im Wortsinn, in der sich der Gast wohlfühlt.

Natürlich hat sich von alters her vieles gewandelt und wir können nicht zurück. Trotzdem lohnt sich manchmal ein Blick zurück in die Stadtgeschichte. Was gab es früher in Stolpen für Gewerbe? Es gab schon immer Bäcker,

Durch den Zwang zum Volkseigentum und Genossenschaftswesen in kommunistischer Zeit und durch die Verbreitung des US-amerikanischen Systems der Großmärkte nach 1990 bei uns, war und ist von den Gewerbetreibenden viel Anpassung gefragt. Handwerk und Gewerbetreibende können sich mit Rückblick auf die Traditionen heute nur behaupten, wenn sie auf individuelle Wünsche der Kunden eingehen und maßgenaue Produkte anbieten, also auf die "Handwerkskunst" als Tradition zurückgreifen, oder wenn Gastwirte ebenfalls individuell auf ihre Gäste eingehen und ganz gezielt die regionalen Produkte anbieten, oder es ist einfach die besondere Qualität und Einmaligkeit des Produktes, das angeboten wird. Das können eben gerade Großkonzerne und Großmärkte nicht so. Hier kann nur angedeutet werden, wie unter Berücksichtigung von Traditionen Anpassung und Orientierung möglich ist. Sicher wissen viele Gewerbetreibende, wie sie speziell die Tradition ihres Gewerbes am besten aufgreifen und konkret an die Anforderungen der neuen Zeit anpassen.

Eine schöne Tradition, die sich nach 1990 in Stolpen entwickelt hat, sind die Feste: der Weihnachtsmarkt, das Stadtfest u.a., die ganz individuell, besonders, regional gestaltet sind und dadurch zu einem immer größeren Anziehungspunkt werden...(vom letzteren einige Fotos!) 

Bernd Müller-Kaller (Juni 2015)

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