Während meines Studiums an der Sektion für Geowissenschaften an
der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald hielt 1985 Professor Jiří
Konta zwei Vorlesungen zu den Themen „Verwitterung von Gesteinen in
urbaner Atmosphäre“ und „Tonmineralogie der Flüsse“ in deutscher
Sprache. Nach einem der Kolloquien konnte ich mit Professor Konta im
„Geologenkeller“ eine Weile unter vier Augen sprechen und er bot mir
an, nach Prag zu kommen und dort bei ihm zu studieren.
Der in Greifswald das Fachgebiet Lagerstättenkunde lehrende
Professor Störr hatte bereits zuvor mit Professor Konta einen solchen
Austausch für zwei Studenten erbeten.

Tatsächlich hatte ich nur wenige Monate später das große Glück, in
seinem Petrologischen Labor in der Straße Albertov in Prag an der
Naturwissenschaftlichen Fakultät der Karlsuniversität (gemeinsam mit
meiner Kommilitonin Annette Ernst) ein paar Monate studieren zu
können. Ergebnis dieses Studienaufenthaltes war meine
Oberseminararbeit und die durch Professor Konta maßgeblich
unterstützte Publikation zum Goldenen Pläner.
Ich erinnere mich noch heute sehr gern an diese Zeit in Prag mit den
Vorlesungen, Seminaren und den Übungen (Konta, Mísař, Dudek,
Šrámek u.a.) und an die geologischen Exkursionen in der Umgebung
von Prag.
Im Petrologischen Labor hielt Professor Konta 1986 immer am
Donnerstag von 14 - 18 Uhr seine Beratungsstunden ab, die nicht bei
allen Studenten beliebt waren, denn er galt bei den Studenten als
besonders streng. Hier mussten alle Doktoranden und Diplomanden ihre
neuesten Forschungsergebnisse vorstellen und diese wurden kritisch
diskutiert, wobei konstruktive Fragen ausdrücklich erwünscht waren.
Diese Beratungsstunden waren ein Pflichttermin. Professor Konta stellte
hier immer sehr gezielte Fragen, gab konkrete Ideen für neue
Lösungsansätze, aber er war bisweilen auch ungehalten, wenn die
Studenten nicht intensiv weiter gearbeitet hatten, was er sehr höflich
aber auch sehr bestimmt zu verstehen gab. Wenn es irgendwo klemmte,
also zum Beispiel bei Untersuchungsmethoden, Untersuchungsgeräten
oder wenn neueste Publikationen nicht verfügbar waren, kümmerte sich
Professor Konta hier umgehend oder beauftragte seine Mitarbeiter, diese
Probleme zu beheben. In diesem Zusammenhang muss erwähnt
werden, dass das Petrologische Labor auch außerhalb der offiziellen
Öffnungszeiten und auch am Wochenende fast immer genutzt werden
konnte, die Unterstützung der Mitarbeiter großartig war und Kopien aus
Fachzeitschriften, ein heute kaum noch verständliches Privileg, das in
Greifswald für Studenten 1986 praktisch nicht verfügbar war, schnell zur

Verfügung standen. Professor Konta hatte seinen Studenten die
Möglichkeiten geschaffen, die er aus seinen Studienaufenthalten im
Ausland kannte und die er dort schätzen gelernt hatte.
Eine Besonderheit waren die Exkursionen mit Professor Jiří Konta
in Prag zum Thema Natursteinbegutachtungen, zum Beispiel auf dem
Gerüst am Altstädter Rathaus (Staroměstské Radnice), an der Thein-
Kirche (Týnský Chram), auf der Prager Burg (Pražský Hrad), an den
romanischen Rotunden in der Altstadt und auf der Vyšehrad. Hierbei
vermittelte Professor Konta scheinbar nebenbei umfangreiche
geologische und mineralogische Fakten, die für meine Seminararbeit
und meine spätere Tätigkeit als Geologe sehr hilfreich waren und es
noch heute sind. Diese Exkursionen, die fast immer in den
Morgenstunden vor dem Eintreffen der Touristen an den bekannten
historischen Bauwerken in Prag stattfanden, waren für mich
Lehrstunden, die ich nicht missen möchte. Auf diesen Exkursionen habe
ich durch ihn auch sehr viel über die Geschichte Böhmens und der
Tschechoslowakei erfahren. Professor Konta verknüpfte hier Geschichte,
Geschichten, Sagen und Naturwissenschaften auf sehr lehrreiche und
unterhaltsame Weise.
Václav Cilek beschreibt in seinem Kapitel dieses Buches Professor
Konta als einen etwas reservierten Professor. Ich habe ihn immer als
sehr höflichen, rücksichtsvollen und zielstrebigen Mann erlebt, der
mehrere Sprachen beherrscht, sehr gern zuhörte und vor Ideen sprühte.
Seine Ungeduld gegenüber säumigen oder weniger fleißig arbeitenden
Studenten empfand ich als normal, denn er hatte ausgezeichnete
Studienbedingungen geschaffen.
Im Januar 2012 teilte mir meine Kommilitonin Irena Jančaříková
mit, dass Professor Konta seine Lebenserinnerungen „Slyšet své srdce“
veröffentlicht hat. Das Buch erschien 2011 im renommierten
Fachbuchverlag Academia in der Editionsreihe „Erinnerungen“ in
tschechischer Sprache. In dieser Edition wurden seit 1990 ca. 60 Bücher
als Lebenserinnerungen von in der Tschechoslowakei/Tschechien
bedeutsamen Persönlichkeiten veröffentlicht, zu denen Professor Jiří
Konta zweifellos gehört. Im August 2012 besuchte ich gemeinsam mit
Irena Jančaříková Professor Konta in Prag und es war ein sehr
herzliches Wiedersehen. Wir sprachen über „unsere“ Zeit in Prag, die
beruflichen Werdegänge und private Dinge. Im Herbst 2012 habe ich
dann dieses wundervolle Buch in tschechischer Sprache erstmal lesen
können. Einige wenige Stationen seines Lebens kannte ich bereits.
Professor Konta hatte auch einmal auf einer Exkursion in einem
Nebensatz erwähnt, dass er in Mauthausen inhaftiert war. Er bat jedoch
darum, zu diesem Thema nicht nachzufragen.

Kurz vor den Weihnachtsfest 2012 kam die Anfrage von Professor
Konta, ob ich für ihn die Übersetzung dieses Buches in die deutsche
Sprache realisieren könne. Für mich war diese Anfrage eine große Ehre.
Ich habe sofort mit der Übersetzung begonnen. Nach wenigen Monaten
lag der gesamte Text in deutscher Sprache vor. Ich habe mich als
Übersetzer so weit wie möglich am originalen Text gehalten und diesen
nur bei Bedarf durch einige wenige wichtige Erläuterungen bzw.
Anmerkungen ergänzt, damit dieser Text auch für deutsche Leser
verständlicher wird. Professor Konta hat auch diesen deutschen Text
mehrfach redigiert und hier dank seiner Sprachkenntnisse zahlreiche
Korrekturen und Hinweise beigefügt. In diesem Zusammenhang danke
ich auch meiner Frau Heike Schiller, meinem geschätzten Nachbarn
Heinz Werner und Frau Doris Warlitzsch vom Mauthausen Memorial
Archiv für ihre Tätigkeit als Korrektoren und die zahlreichen Beratungen
zu den Formulierungen.
Professor Jiří Konta ist ein außergewöhnlicher Zeitzeuge der
letzten 90 Jahre. Er beschreibt seine Erlebnisse und Erfahrungen aber
auch Freud und Leid sehr eindrucksvoll. Ich wünsche allen Lesern viel
Freude bei einer Zeitreise mit vielen Stationen sowie bei den
Beschreibungen eines Mannes, der AUF SEIN HERZ gehört hat und
hört.

Thomas Scholle

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